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Belastungsinkontinenz – Symptome, Ursachen, Behandlung

Belastungsinkontinenz - Urinverlust beim Lachen, Husten, Hüpfen?

Ungewollter Urinverlust ist leider ein Tabuthema. Doch ich möchte dieses Thema ansprechen, weil Inkontinenz heilbar ist!


Du verlierst manchmal beim Husten, Lachen oder Laufen ungewollt Urin? Und du vermutest, dass du unter einer Belastungsinkontinenz leidest? In diesem Beitrag bekommst du Klarheit über mögliche Symptome, aber auch Ursachen und erste Anregungen zu Behandlungsmöglichkeiten.


Inhaltsverzeichnis


Was ist eine Belastungsinkontinenz? 

Erlebst du es oft, dass du beim Heben, Tragen, Husten, Niesen oder Lachen plötzlich ein paar Tropfen Urin verlierst? Dann leidest du eventuell an einer Belastungsinkontinenz (auch als Stressinkontinenz bezeichnet). Bei dieser sehr weit verbreiteten Form von Inkontinenz kommt es zu einem unwillkürlichen Verlust von Urin unter körperlicher Belastung. Ca. 55% der Inkontinenz-Fälle in Deutschland betreffen Belastungsinkontinenz und 30% eine Mischform aus Belastungs- und Dranginkontinenz. Bei einer Dranginkontinenz verspüren Betroffene plötzlich einen so starken Urindrang, dass sie manchmal Urin verlieren, bevor sie die Toilette erreichen.


Bei einer Belastungsinkontinenz handelt es sich nicht um eine Blasenschwäche, sondern meist liegt eine Schwäche des Beckenbodens oder des Blasenverschlussapparates vor. Unter Belastung steigt der von außen wirkende Druck auf die Blase. Wenn der Schließmuskel des Blasenverschlusses zu schwach ist, kommt es dann zum unwillkürlichen Urinverlust.


Viele von Belastungsinkontinenz betroffene Frauen leiden im Stillen, aber die gute Nachricht ist: Es gibt effektive Behandlungsmöglichkeiten.

Belastungsinkontinenz - Blasenfunktion bei erhöhtem Druck

Grade der Belastungsinkontinenz

Eine Belastungsinkontinenz kann unterschiedlich schwer ausfallen. Sie wird in drei unterschiedliche Grade eingeteilt:


Definition

Beispiele

Grad 1

Urinverlust bei starker Drucksteigerung im Bauchraum


Beim Lachen, Pressen, Husten, Niesen, Springen, Heben und Tragen von schweren Gegenständen

Grad 2

Urinverlust bei mäßiger Drucksteigerung im Bauchraum

Beim Aufstehen, Hinsetzen, Gehen, Laufen, Treppensteigen

Grad 3

Urinverlust bei sehr schwacher Drucksteigerung im Bauchraum, auch in Ruhe oder in liegender Position

Auch in Ruhe oder in liegender Position, z.B. auf dem Sofa oder im Bett

Symptome einer Belastungsinkontinenz

Dabei muss die körperliche Belastung nicht unbedingt Sport, wie etwa Springen, bedeuten. Die Hauptsymptome der Belastungsinkontinenz sind:


Belastungsinkontinenz - Urinverlust beim Husten, Springen, Lachen
  • Unkontrollierter Urinverlust: Dieser tritt bei Aktivitäten auf, die den Druck im Bauchraum erhöhen, wie Lachen, Husten, Niesen, Heben schwerer Gegenstände oder Sport.

  • Häufigkeit des Urinverlusts: Die Häufigkeit kann dabei variieren. Inkontinenz kann gelegentliches Tröpfeln bis hin zu regelmäßigem Verlust größerer Mengen Urins bedeuten.

  • Keine Dringlichkeit: Im Gegensatz zur Dranginkontinenz verspüren Betroffene keine plötzliche, starke Dringlichkeit, die Toilette aufzusuchen. Manchmal verlieren sie Urin, ohne vorher Blasendruck gespürt zu haben.

Dieser Urinverlust bedeutet für betroffene Frauen nicht nur ein körperliches, sondern auch ein psychisch belastendes Problem.


Hinter den Symptomen kann sich eine ernsthafte Krankheit verbergen. Deshalb ist eine medizinische Abklärung immer zu empfehlen.



Ursachen einer Belastungsinkontinenz

Bei Frauen sind meist eine oder mehrere dieser Probleme die Ursache:

  • Schwächung der Beckenbodenmuskulatur (durch Schwangerschaft und vaginale Geburt verursacht). -> Lies auch "Beckenboden nach Geburt & Schwangerschaft"

  • Senkung von Blase und Gebärmutter

  • Prolaps der Gebärmutter

  • Übergewicht 

  • Östrogenmangel in den Wechseljahren

  • Muskelabbau in den Wechseljahren (Atrophie), welcher die Funktion des Blasenverschluss beeinträchtigt

  • Verschiedene Krankheiten, z.B. Diabetes, Bluthochdruck, Multiple Sklerose und Schlaganfall



Behandlung einer Belastungsinkontinenz

Was tun bei Stressinkontinenz?

Die Therapie ist immer abhängig von den Ursachen, welche die Belastungsinkontinenz ursprünglich ausgelöst haben. Bei einer leichteren Form (Grad 1 und Grad 2) können konservative Methoden schon in wenigen Wochen gute Ergebnisse oder gar eine vollständige Heilung der Kontinenz bewirken.


Dabei sollte immer eine konservative Therapie einer Operation vorgezogen werden. Es gibt dabei folgende Möglichkeiten:


  • Beckenbodentraining: Weil in den meisten Fällen ein geschwächter Beckenboden die Ursache ist, ist die erste Therapiemaßnahme immer ein gezieltes Beckenbodentraining, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken.


  • Gewichtsreduktion: Übergewicht stellt einen Risikofaktor für Belastungsinkontinenz dar, da das zusätzliche Körpergewicht den Beckenboden belastet. Gewichtsverlust bringt in vielen Fällen bereits eine deutliche Linderung der Inkontinenzbeschwerden.


  • Biofeedback: Um den Beckenboden zu trainieren und künftig Alltagsbelastungen mit weniger Druck auszuführen, kann ein Biofeedbackgerät eingesetzt werden. Mithilfe von optischen und akustischen Signalen lernt die Patientin ihre Beckenbodenmuskulatur wahrzunehmen und zu beeinflussen.


  • Medikamente: Ist eine Belastungsinkontinenz die Folge eines Östrogenmangels bei Frauen, dann kann auch eine Hormontherapie mittels Vaginalzäpfchen oder Vaginalcreme positive Auswirkungen haben. Darüber hinaus unterstützen Medikamente mit dem Wirkstoff Duloxetin eine Stärkung des Blasenschließmuskels. Wie die meisten Medikamente ist auch dieses Mittel nicht frei von unerwünschten Nebenwirkungen.


  • Operation: In schweren Fällen von Belastungsinkontinenz oder falls die Symptome durch Beckenbodentraining und geeignete Medikamente nicht besser werden, kann die Belastungsinkontinenz auch operativ behandelt werden. Dazu gibt es unterschiedliche Operationsverfahren.


Beckenbodentraining bei Belastungsinkontinenz

Wie jeden anderen Muskel im Körper kann man auch die Beckenbodenmuskulatur trainieren. Beckenbodengymnastik beinhaltet unterschiedlichste Übungen im Liegen (entlastende Haltung) oder im Sitzen, Stehen und Gehen, bei denen die drei Schichten der Beckenbodenmuskeln angespannt und wieder entspannt werden. Gesäß, Bauch und die Innenseite der Schenkel sollten dabei entspannt bleiben.


Für ein effektives Beckenbodentraining solltest du die Übungen möglichst täglich wiederholen. Schon nach 6-8 Wochen wirst du eine deutliche Verbesserung deiner Symptome spüren.


Beckenbodentraining gegen Belastungsinkontinenz von Monkey Yoga für Frauen


FAQ zu Belastungs- bzw. Stressinkontinenz

Inkontinenz beim Husten – was tun?

Husten erhöht den Bauchinnendruck plötzlich sehr stark, sodass viele Frauen in dem Moment Urin verlieren. Dabei wird der Beckenboden weiter geschwächt, wenn man den Druck ungehindert bis zur Beckenbodenmuskulatur durchlässt. Wichtig ist deshalb bei einer Erkältung oder lang andauerndem Husten: Im Moment des Hustenreizes spanne gezielt den Beckenboden an und überkreuze die Beine. Das reduziert oder verhindert den Urinabgang und schützt den Beckenboden.


Wann sollte man bei Belastungsinkontinenz zu Arzt?

Eine leichte Belastungsinkontinenz kann man meist einfach konservativ schnell in den Griff bekommen. Ich empfehle betroffenen Frauen deshalb, möglichst frühzeitig ihren Arzt oder ihre Ärztin aufzusuchen. Besonders dann, wenn sich die Inkontinenz durch ein regelmäßiges Beckenbodentraining nicht verbessert oder sogar verschlechtert, sollten Frauen ihren Arzt oder Ärztin konsultieren.

Wenn du dich auch stark psychisch belastet fühlst und du dich in deiner Lebensqualität eingeschränkt fühlst, solltest du dir unbedingt ärztliche Hilfe suchen. Du kannst zur Vorbereitung auf den Arzttermin bereits ein so genanntes Miktionsprotokoll führen. Darin dokumentierst du über einige Tage die Menge, den Auslöser und die Zeit des Urinverlusts.


Was ist der Unterschied zwischen einer Belastungs- und einer Dranginkontinenz?

Im Gegensatz zu einer Dranginkontinenz tritt bei einer Belastungsinkontinenz der plötzliche Verlust von Urin ohne Harndrang vorher auf. Bei der Dranginkontinenz kommt es zu einem plötzlichen, starken Harndrang, der sich nicht zurückhalten lässt, woraufhin unfreiwillig Urin abgeht. Allerdings gibt es auch die Mischinkontinenz, bei der sowohl Drang-Beschwerden auftreten als auch körperliche Belastung zum unwillkürlichen Urinverlust führt.


Kann man Belastungsinkontinenz wegtrainieren?

Ja! Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass bei über 90% der Betroffenen die Inkontinenz durch gezielte Übungen verbessert oder komplett beseitigt werden kann (Heller 2021).


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Beratender Experte

Prof. Dr. Daniel Kauff - Chefarzt für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie an der Klinik Nagold

Prof. Dr. Daniel Kauff ist seit 2019 Chefarzt der Klinik Nagold für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie. Er studierte Medizin an der Universität Mainz ist Facharzt für Viszeralchiurgie, spezielle Viszeralchurgie und Beckenboden-Experte. Prof. Daniel Kauff leitet das Kontinenz- und Beckenbodenzentrum Calw-Nagold.


Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Besuch einer Ärztin nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.


Wissenschaftliche Quellen




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