Alles was du wissen solltest – plus Tipps zur Prävention und Linderung von Beschwerden
Ein stabiler Beckenboden ist unser körperliches Fundament. Warum das so ist, was mit dem Beckenboden in Schwangerschaft & unter der Geburt passiert und wie du Probleme vorbeugen bzw. verbessern kannst, erfährst du in diesem Beitrag...
Unser Beckenboden hat eine immens wichtige Aufgabe für unseren Körper. Ist er geschwächt, kann unsere Lebensqualität durch Inkontinenz, Schmerzen und Druckgefühl oder Organsenkung (Blasensenkung oder Gebärmuttersenkung) extrem leiden. Beckenbodentraining ist essentiell für unsere Gesundheit, damit wir unsere Körpermitte stärken und in eine gesunde Haltung kommen.
Inhalt:
Was ist der Beckenboden?
Obwohl der Beckenboden unser Kraftzentrum ist, schenken wir ihm leider meist erst Aufmerksamkeit, wenn er nicht mehr richtig funktioniert. Dabei leiden im Alter von 70 Jahren 30% aller Frauen unter den Folgen einer Beckenbodenschwäche wie Inkontinenz, Scheidenprolaps oder Gebärmuttersenkung!
Der Beckenboden ist der Boden der Bauch- und Beckenhöhle und besteht aus drei Schichten (Bindegewebe und Muskeln), die jeweils unterschiedliche Funktionen haben. So bildet der Beckenboden den unteren Abschluss des kleinen Beckens. Die Muskeln erstrecken sich vom Schambeinknochen bis nach hinten zum Kreuz- und Steißbein. Seitlich setzen die Muskeln an beiden Sitzbeinhöckern an, sodass er wie eine Hängematte unsere inneren Organe trägt.
Aufgaben der Beckenbodenmuskulatur
Die unterste Schicht des Beckenbodens unterstützt den Verschluss des Darms, der Harnröhre und der Vagina. Beim Stuhlgang, Wasserlassen und bei Frauen beim Geschlechtsverkehr und der Geburt entspannen sich die Beckenbodenmuskeln. Doch auch das bewusste Entspannen des Beckenbodens haben viele Menschen verlernt. Dadurch können Schmerzen, Fehlhaltungen und vor allem Probleme beim Sex entstehen.
Der Beckenboden hat für unseren Körper also eine immens große Bedeutung: Er hält die Bauch- und vor allem die Beckenorgane an Ort und Stelle. Beim aufrechten Gang üben unsere Organe Druck nach unten auf den Beckenboden. In der Schwangerschaft erhöht sich die Belastung, weil er nun zusätzlich das Gewicht der Gebärmutter und des Babys tragen muss.
Der Beckenboden während Schwangerschaft und Geburt
In der Schwangerschaft trägt der Beckenboden also nicht nur unsere inneren Organe wie eine Hängematte. Zusätzlich trägt er das schwere Gewicht der Gebärmutter und des Embryos. Der Beckenboden muss also dem hohen Druck nach unten standhalten, während er gleichzeitig durch Schwangerschaftshormone weicher wird.
Die Hormonveränderungen bewirken zusätzlich, dass etwas mehr Urin produziert wird und die Spannung der Harnröhre abnimmt. Wenn der Beckenboden in der Schwangerschaft überlastet ist, äußert sich das oft durch ungewollten Urinverlust beim Niesen, Husten, Lachen, oder Bücken.
Nicht erst durch eine Spontangeburt wird also der Beckenboden in der Schwangerschaft geschwächt. Stabilität in der Körpermitte ist deshalb wichtig, um Gebärmutter und das Baby neun Monate lang zu tragen. Elastizität des Beckenbodens gleichzeitig ist wichtig, um das Becken für die Geburt zu öffnen. Somit empfiehlt sich gezieltes Beckenbodentraining schon in der Schwangerschaft.
Beckenboden nach vaginaler Geburt vs. Kaiserschnitt
Während der vaginalen Geburt muss der Beckenboden seine Funktion des Haltens aufgeben und sich vollkommen entspannen. Das ist keine einfache Aufgabe, da er ja dafür bestimmt ist, dass er sein Leben lang eine große Last trägt. Vor allem in der letzten Geburtsphase, der Austreibungsphase, dehnt das Köpfchen des Babys den Beckenboden immer mehr und öffnet ihn somit.
Ein gut trainierter Beckenboden ist meist kräftig und elastisch, was unter der Geburt sehr vorteilhaft ist. Dennoch können unter der Geburt Verletzungen am Beckenboden, der Muskulatur und am Halteapparat auftreten. Bei manchen vaginalen Geburten kann sogar ein Dammschnitt notwendig werden, bei dem Beckenbodengewebe durchtrennt wird.
Eine gute Wahrnehmung des Beckenbodens kann Schwangeren helfen, unter der Geburt die Muskulatur zu entspannen. Dieses Loslassen erleichtert es dem Baby, durch den Geburtskanal zu gelangen. Diese Wahrnehmung und Steuerung des Beckenbodens ist hierbei super hilfreich und kann wunderbar schon in der Schwangerschaft beim Beckenbodentraining geübt werden.
Die vaginale Geburt ist zwar eine sehr große Belastung für den weiblichen Beckenboden. Dennoch stellt die 40 Wochen lange Schwangerschaft durch den großen Druck von Gebärmutter und Baby die größte Belastung für den Beckenboden dar. Das ist somit auch unabhängig davon, ob ein Kaiserschnitt oder eine Spontangeburt stattfindet.
Im Vergleich zur Spontangeburt wirkt bei einem Kaiserschnitt eine weniger starke Belastung auf den Beckenboden. Da es sich dabei aber um eine große Bauchoperation handelt, bringt ein Kaiserschnitt Operationsrisiken mit sich. Beim Kaiserschnitt werden Bindegewebsschichten durchtrennt, die den Beckenboden stabilisieren. Grundsätzlich fügt er ihm aber deutlich weniger Schaden zu, als eine vaginale Geburt.
Was passiert mit dem Beckenboden nach der Geburt?
Nach einer vaginalen Geburt ohne starke Verletzungen benötigt der Beckenboden zunächst sehr viel Ruhe und Entlastung. Deshalb sollte die Zeit des Wochenbetts unbedingt genutzt werden, um möglichst viel Zeit im Liegen zu verbringen. Sitzen und Stehen sollten frisch gebackene Mütter in den ersten Wochen nach der Geburt vermeiden (sofern es möglich ist- lass Dir bitte helfen!). Dadurch kann sich der Beckenboden am besten regenerieren und mögliche Geburtsverletzungen schneller heilen. Ein Druckgefühl im Beckenboden beim Sitzen, Stehen oder Laufen ist immer ein klares Signal, das nicht ignoriert werden sollte.
Eine zu frühe Belastung des Beckenbodens durch zu lange Spaziergänge, schwerem Tragen hüpfende Bewegungen / Joggen etc. können den Beckenboden langfristig schaden. Oft äußert sich diese zu frühe Belastung jedoch erst Jahre später. Oft erst im Alter von 70 Jahren kommt es bei Frauen zu Inkontinenz, Schmerzen oder einem Scheidenvorfall / Prolaps. In den meisten Fällen haben die Frauen nach ihren Geburten keine Rückbildungsgymnastik gemacht und mehrere Kinder vaginal entbunden.
Eine besondere Belastung für den Beckenboden stellen Mehrlingsschwangerschaften oder mehrere Schwangerschaften in kurzen Abständen dar. Dadurch steigt das Risiko für eine Beckenbodenschwäche, Organsenkungen und Inkontinenz.
Ist das Bindegewebe des Beckenbodens sehr geschwächt, kann es zu einer Senkung von Scheide, Gebärmutter, Blase und Darm kommen. Am häufigsten ist dabei die Blasensenkung. Da der Beckenboden alle Organe hält, kommt es meist zur Absenkung mehrerer Organe. Bei einer Scheidensenkung oder Gebärmuttersenkung entsteht ein Druckgefühl in der Scheide. Ist die Organsenkung sehr ausgeprägt, muss die Frau beim Toilettengang oft erst das Gewebe mit dem Finger nach innen schieben, bevor sie Wasser lassen kann. Ebenso kann die Senkung beim Geschlechtsverkehr unangenehm und störend sein.
Was die Beckenboden-Regeneration nach der Geburt behindert
Zu viel sitzen, stehen und laufen
Harter Stuhlgang
Zu intensives "Pressen" beim Toilettengang
Aufrollen aus der Rückenlage
Heben & tragen von schweren Gegenständen oder größeren Kindern
Beckenbodenschwäche nach Schwangerschaft & Geburt
Wie fühlt sich ein schwacher Beckenboden an?
Bei einer Beckenbodenschwäche treten verschiedene Symptome auf, z.B. Schmerzen, ein Druckgefühl nach "unten", oder auch ein Fremdkörpergefühl in der Scheide. Ein noch deutlicheres Signal ist der unwillkürliche Urinverlust, oft nur Tröpfchen, beim Niesen, Husten, Lachen oder Springen.
Folgen und Symptome einer Beckenbodenschwäche
Bei einer Beckenbodenschwäche oder -insuffizienz ist die Funktion der Muskulatur gestört. Das bedeutet, dass der Beckenboden seine Aufgaben nicht mehr oder nur gestört ausführen kann. Ab dem Alter von 70 Jahren leiden 30% aller Frauen unter einem schwachen Beckenboden. Besonders Inkontinenz von Blase und Stuhl kann die persönliche Lebensqualität sehr beeinträchtigen. Der Beckenboden ist somit nicht mehr stark genug, um Harn oder Stuhl willkürlich in jeder Lage zu halten.
Weitere Folgen einer Beckenbodeninsuffizienz sind oft Schmerzen im unteren Rücken. Gezieltes, regelmäßiges Beckenbodentraining ist deshalb nicht erst ab den Wechseljahren, sondern optimal bereits in der Schwangerschaft, sehr wichtig.
Ist der Beckenboden geschwächt, kommt es oft auch zu Senkungsbeschwerden. So äußern sich eine Blasensenkung oder Gebärmuttersenkung:
Druckgefühl in der Scheide
Fremdkörpergefühl in der Scheide
Blasenschwäche, häufiger Harndrang
Schmerzen beim Sex
Schwierigkeiten beim Stuhlgang
Im Extremfall führt die Organabsenkung zu einem Prolaps, bei dem sich Gewebe von Scheide oder Gebärmutter durch die Scheide nach außen drückt.
So stärkst du deinen Beckenboden nach Schwangerschaft und Geburt – und auch noch Jahre danach
Tipps für einen beckenbodenfreundlichen Alltag:
Beckenbodentraining im Alltag: Während Du wartest, kannst Du wunderbar den Beckenboden kräftigen, z.B. an der Supermarktkasse, beim Bäcker, an der Ampel oder beim Kinderturnen.
Ernährung: Ernähre Dich viel von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten. Der hohe Anteil an Ballaststoffen macht Deinen Stuhl weicher und erleichtert den Toilettengang.
Aufstehen aus dem Bett: Rolle Dich immer über die Seite aus der Rückenlage hoch, um den Druck auf den Bauchraum gering zu halten.
Toilettengang: Stelle die Füße auf einen Hocker, um eine optimale Haltung zu erreichen. So musst Du beim Stuhlgang weniger stark "pressen".
Tragen & heben: Vermeide das schwere Tragen und Heben, soweit es geht. Falls Du schwere Gegenstände tragen oder heben musst, achte auf einen geraden Rücken und spanne dabei den Beckenboden an.
Keine belastenden Sportarten: Leidest Du noch unter einem schwachen Beckenboden, solltest Du auf "High Impact" Sportarten verzichten, bei deinen Du viele Sprünge machst und schwere Gewichte hebst.
Welcher Sport ist gut für den Beckenboden?
Als Kursleiterin für Beckenbodengymnastik, Pränatal und Postnatal Yogalehrerin und zweifache Mutter beschäftige ich mich täglich mit Beckenbodengesundheit & Bewegung. Mehr über mich erfährst du hier.
Diese Sportarten sind besonders förderlich für einen gesunden Beckenboden:
Yoga
Pilates
Walking / spazieren
Schwimmen
Hulahoop
Diese Sportarten solltest du bei Beckenbodenschwäche meiden:
Joggen
Trampolinspringen / Jumping Fitness
Beckenbodentraining ist besonders wichtig ...
zur Rückbildung nach der Schwangerschaft, auch nach einem Kaiserschnitt (zu meinem Onlinekurs Rückbildungsyoga)
bei Blasenschwäche
bei Darm-Inkontinenz
bei Gebärmuttersenkung (> mehr darüber lesen <), Blasensenkung oder Prolaps
bei Bindegewebsschwäche
in den Wechseljahren
Empfehlenswert ist Beckenbodentraining auch ...
bei Kinderwunsch
in der Schwangerschaft
wenn du regelmäßig unter Rückenschmerzen leidest
bei einem ausgeprägten Hohlkreuz
für Menschen, die sehr viel im Sitzen arbeiten
FAQ – Häufige Fragen zum Thema "Beckenboden Geburt / Schwangerschaft"
Wann kann ich erste Beckenbodenübungen nach der Geburt machen?
Bereits im Wochenbett kannst du mit ersten Übungen für den Beckenboden starten. Dabei steht im Vordergrund, ganz sanft die Wahrnehmung und Ansteuerung der Beckenboden-Muskulatur aus der Rückenlage zu trainieren. Nach dem Wochenbett solltest Du unbedingt an einem Rückbildungskurs teilnehmen (online oder in Präsenz - zu meinem flexiblen Rückbildungsyoga Onlinekurs). Danach bzw. frühestens 3 Monate nach der Geburt empfehle ich dir meinen Online-Beckenbodentraining Kurs.
Ist spazieren gehen gut für den Beckenboden?
Wann ist der Beckenboden nach der Geburt wieder normal?
Können Probleme auch erst Jahre nach der Geburt auftreten?
Beckenbodentraining in den Alltag integrieren
Du kannst einfache, "unsichtbare" Übungen für den Beckenboden auch sehr gut in Deinen Alltag einbauen. Nutze z. B. Wartezeiten an der Bushaltestelle, an der Kasse im Supermarkt oder im Homeoffice. Auf meinem Monkey Yoga Instagram Kanal findest du z.B. diese einfachen Beckenboden-Übungen auf einem Stuhl.
Lege am besten gleich los und trainiere deinen Beckenboden so oft es geht für 5-15 Minuten (>> zu meinem Online Beckenbodenkurs)!
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Besuch einer Ärztin nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Beratender Experte
Prof. Dr. Daniel Kauff ist seit 2019 Chefarzt der Klinik Nagold für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie. Er studierte Medizin an der Universität Mainz, wo er auch seine Assistenzarztausbildung absolvierte und Facharzt für Viszeralchiurgie und spezielle Viszeralchurgie wurde. Prof. Daniel Kauff leitet das Kontinenz- und Beckenbodenzentrum Calw-Nagold.
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